5 von 5 Eselsohren
Was für ein kleines, intelligentes Werk! Der Autor packt den Leser und wirft ihn in sein Konstrukt:
Prüfungssituation - abgeschlossener Raum - nur eine Person erzählt. Das junge Mädchen, über dessen Aufnahme in "Die Akademie" gerade entschieden wird. Der Leser begleitet es durch die 5 Stunden dauernde Prüfung und taucht durch ihren Kopf in eine fremde, postapokalyptische Welt...
Eine phantastische Utopie, die mich aufmerksam lauschen lies und mich am Ende gehörig durchschüttelte. Wer auf Utopien steht, sollte dieses Buch definitiv gelesen haben.
Becket spielt mit den Gedanken des Lesers, wählt sein Spielfeld clever und philosophiert abwechslungsreich drauf los: Was bedeutet es, Mensch zu sein? Was bedeutet es, eine Seele zu haben? Was macht uns zu dem, was wir sind? Und: Sind wir ein Produkt unserer Gesellschaft? - Immer wieder dachte ich: Eine sinnvolle Ergänzung für Philosophie-Kurse, die sich mit diesem Thema beschäftigen und sich an Morus, Hobbes und Co. schon sattgelesen haben.
Der Satz und die Aufmachung des Buches im englischen Original macht zusätzlich Freude. Schmaler Schriftblock, große Schriftart, viel Weißraum und dickes Papier lassen die 185 Seiten zu einem haptisch und optisch rundem Leseerlebnis werden. Für die langen philosophisch-wissenschaftlichen Sequenzen ergibt sich zudem der Nebeneffekt, dass man nicht mit der ganzen Fülle eines Denkabsatzes auf zwei dichtbedruckten Seiten nebeneinander erschlagen wird, sondern sich Stück für Stück mit Denkpausen durcharbeiten kann.
Es ist ein Buch bei dem ich - ganz untypisch für mich - das Ende behalten und die Handlung schnell fast vollständig vergessen hatte - der hat es aber auch in sich. Aber das ist kein Beinbruch, denn auch beim zweiten oder dritten Druchblättern zieht das Buch in seinen Bann und bei rund 190 Seiten ist das auch kein Drama.
Erschienen auf Deutsch bei script5, ISBN 9783839001035
Bei mir vorhanden als Hardcover (englisch) von Quercus, ISBN 9781847247230
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