5 von 5 Eselsohren
Es gibt
wenige Bücher, die mich so nachhaltig beeindruckt haben wie Lukianenkos
Wächter-Zyklus. Sprachwelten, Blickwinkel, Konfliktbögen, Erzählqualität –
alles hat mich wirklich überrascht.
Ich las
ihn unter den Vorzeichen „wurde supergut verfilmt“ und „ist ne Art russischer
Harry Potter“. Was ich dann fand, war eine Mischung aus Fantasy, Gesellschaftsutopie und russischer
Realität. Das Konzept, die Mechanik und die Protagonisten wurden konsequent zu Ende gedacht.
Genug der
großen Worte. Wer russischer Fantasy offen gegenüber steht, sprintet jetzt los
und holt sich die vier Bücher:
Wächter
der Nacht
Wächter des Tages
Wächter des Zwielichts
Wächter der Ewigkeit
Wächter des Tages
Wächter des Zwielichts
Wächter der Ewigkeit
Alle anderen
können sich gerne noch meine Meinung zu Gemüte führen.
Setting
Moskau im
neuen Jahrtausend bietet in der Realität schon genug Spannung, doch Lukianenko setzt in seinem Universum noch eins drauf. Hier besteht die
Welt einerseits aus den normalen Menschen und andererseits aus den von übernatürlichen Kräften beseelten "Anderen" . Diese Anderen
teilen sich zwar auf auf in die Guten und die Bösen, doch ganz in der Denke des im kalten
Krieg aufgewachsenen Autors haben beide Parteien vor ewigen Zeiten die Patt-Situation erkannt und sich zu
einem diplomatischen Miteinander entschlossen. "Das Gleichgewicht der Kräfte" ist das Maß aller Dinge, das akribisch bewacht wird. Die Nachtwache (die Hellen) bewacht das
lichtscheue Gesindel und die Tagwache (die Dunklen) bewacht die Gutmenschen. Auf
das keiner mehr als der andere bewirke.
Spannungsfelder
Damit ist die Dramatik oft mehr die eines Agententhrillers mit Extras. Anstatt wie bei Potter oder Twilight auf ein klares wünschenswertes Endergebniss hinzuarbeiten, ist hier schnell fraglich, welche Seite nun im Recht ist und ob es die absolute Wahrheit überhaupt gibt. Statt Deus ex Machina ist Magie eher die Büchse der Pandora.
Spannungsfelder
Damit ist die Dramatik oft mehr die eines Agententhrillers mit Extras. Anstatt wie bei Potter oder Twilight auf ein klares wünschenswertes Endergebniss hinzuarbeiten, ist hier schnell fraglich, welche Seite nun im Recht ist und ob es die absolute Wahrheit überhaupt gibt. Statt Deus ex Machina ist Magie eher die Büchse der Pandora.
Lukianenko spielt zwar auch mit der vertraut-westlichen Zauberer-gut-Vampir-fies-Logik und es wimmelt von magischen Figuren, doch sowohl die Guten als auch die Bösen taktieren und feilschen und keiner hat die Wahrheit gepachtet. Statt dessen verwischen die Grenzen im Dienste der Diplomatie. Wo aber wird ein Weltmodell durch Zugeständnisse verteidigt und ab wann wird es verraten?
Noch ein Hinweis
Irritierend
fand ich anfangs die ganzen Liedtexte, die immer wieder ausführlich auftauchen.
Nach und nach aber habe ich festgestellt, dass a) die Texte hintersinnige
Hinweise zur Handlung geben und auf keinen Fall ausgelassen werden und dass b)
auch andere russische Autoren gerne diesen Trick verwenden - irgendwie ist
diese Musikbezogenheit also scheinbar ein bekanntes russisches Stilmittel.
Die einzelnen Bände
Wächter
der Nacht
Der erste Band der Wächter-Saga
erzählt in drei jeweils abgeschlossenen Geschichten vom sonderbaren
Parallelkosmos Moskaus. Pro-Nachtwache fiebern wir erstmal mit den „Guten“ und
steigen an der Seite Antons, eines Rekruten der Nachtwache“ in die Welt der
Wächter ein.
Wächter des Tages
Auch in Band Nummer zwei werden drei scheinbar
unzusammenhängende Episoden erzählt. Jetzt aber wendet Lukianenko das Blatt und
macht die Gegenspieler aus dem ersten Band zu den Haupt- und Identifikationsfiguren
seiner Geschichte. Das Denken und Hoffen des Lesers wird also geschickt
durcheinander gewirbelt und im großen Thriller der Moskauer Zauberwelt verwischen
die Begriffe von Gut und Böse auf beunruhigende Weise.
Wächter des Zwielichts
Band drei wartet ebenfalls mit dem
alten Muster der drei geschlossenen Geschichten auf, doch zieht sich jetzt
unübersehbar ein roter Faden hindurch. Halbwegs pfiffige Leser sind nun ohnehin
hinter Lukianenkos Stil gekommen. Die brennende Frage: Was macht die
"Anderen" anders? Was bedeutet es für sie, für das vielbeschworene
Gleichgewicht der Kräfte? Was für Kräfte sind das überhaupt? Damit wird es deutlich
taktischer als die ersten beiden Bücher. Mir gefällt, wie Lukianenko mit den
gewachsenen Sympathien des Lesers für die Figuren spielt.
Wächter der Ewigkeit
Band vier ist ein mehr als würdiger
Abschluss der Wächter-Tetralogie. Er spannt einen weiten Bogen um die
Geheimnisse der Parallelwelt. Schicht für Schicht werden Taktiken und Verträge,
Profitsucht und Machtgier vom Kern geschliffen. Zurück bleibt am Ende ein
fester, schwarzer, hochkonzentrierter Diamant, gepresst aus den Ideen
Lukianenkos. Und das befriedigende Gefühl, dass in einer Welt der Relativitäten
und Kompromisse hinter allem eine unumstößliche Wahrheit steht.
Fazit
Die Frage
nach Gut und Böse, Recht und Unrecht, Wahrheit und Lüge, Menschlichkeit und
Unmenschlichkeit hat Lukianenko akribisch und hochkonzentriert durchdrungen und
in seinen vier Büchern grandios zu Papier gebracht. Wer nur einen der Bände
liest, sich von der Episodenhaftigkeit blenden lässt, der verpasst das ideologische
Kleinod unter den Fantasyreihen.
Ein Hinweis zum Film
Tut ihn euch bitte nicht an. Danke.
Band 2 ISBN 978 3 453 53200 7
Band 3 ISBN 978 3 453 53198 7
Band 4 ISBN 978 3 453 52255 8
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