Mittwoch, 4. Juli 2012

Mittwochs-Rezi: Glennkill und Garou von Leoni Swann


4 von 5 Eselsohren

Die Anfänge von Büchern sind wichtig. Und hier kommt jetzt das Buch, das den mir liebsten Anfang hat:
"Gestern war er noch gesund", sagte Maude. Ihre Ohren zuckten. "Das sagt gar nichts", entgegnete Sir Ritchfield, der älteste Widder der Herde, "er ist ja nicht an einer Krankheit gestorben. Spaten sind keine Krankheit."

Leoni Swanns Bücher rund um die Schafsherde schlugen seinerzeit ein, wie eine wollig-witzige Bombe. Ich war skeptisch, wie mich Bestsellerlisten-Alle-finden-das-gut-Bücher generell misstrauisch machen. Aber der Anfang eroberte mein Leserherz. Ich fand ein Buch, perfekt für die Hängematte. Im Grunde fand ich sogar zwei, denn auch der Folgeband ist eine Lektüre wert. Ich finde, ihr solltet sie unbedingt kennen.




Glennkill - Ein Schafskrimi
Eine verhaltensoriginelle Schafsherde, ein toter Schäfer, dörfliche Archetypen und Irlands Küste als Kulisse sind die Zutaten dieses Buches. Der Schäfer ist tot, was die Schafsherde zwar rat- aber nicht kopflos zurücklässt. Sie ermitteln selbständig, besprechen sich, ziehen Schlüsse und machen sich daran, den Fall zu lösen. Der Leser hat dabei ein interessantes Problem: Er bleibt in der Schafsperspektive gefangen ohne die Schafe zu 100 Prozent verstehen zu können. Den Charme des Buches machen einerseits die Charaktere aus - lauter Schafe mit Spezialgebieten - andererseits das sichere Gefühl, den Fall in Nullkommanix selbst lösen zu können, hätte man nur mal eine vernünftige Perspektive.

Der Erfolg des Buches lag sicherlich darin, dass Swann mit dieser Art von Erzählung einerseits die lesehungrigen Krimifans mit Abwechslung erfreut und andererseits die Krimiskeptiker (wie mich) mit schönen Shifts und launiger Schreibe erfreut.

Wer Schafe mag, mit Augenzwinkern und vielleicht ein wenig Klamauk im Krimi umgehen kann und Irland nicht abgeneigt ist, dem wird die Geschichte gefallen. Dem einen oder anderen könnte sie aber durchaus zu "albern" sein. Zu albern ist mir nur das Pseudonym der Autorin. Aber bitteschön, das verzeihe ich ihr für diese Unterhaltung.

Garou - Ein Schafsthriller
Die Schafe grasen wieder. Sie werden allerdings mit der neuen Herrin von Irland nach Frankreich verfrachtet. Dorthin, wo die Werwolfsagen ihren Ursprung haben. Vor ein altes Gutshaus. Wer Mrs. Swann böses wollte, könnte bemängeln, dass das Werwolfthema nun wirklich nicht das allerneuste vom Neuen ist und bereits hinreichend in Buchform gebracht - aber ich finde: besser gut kopiert als schlecht selbst gemacht.

Da wir aus Glennkill mit den Schafsgedankengängen vertraut sind, wollte Frau Swann uns wohl nicht langweilen und schickt den Leser nun auch noch in den Kopf der Ziegen - die um ein vielfaches durchgeknallter sind als ihre wolligen Verwandten. Immerhin klettern sie auf Bäume! Es gibt - wie in jedem guten Thriller auch noch eine dritte, unbekannte Perspektive. Die des Garou. Und so wird es durchaus gruselig. Aber der Spaß und Witz geht nicht verloren.

Wer Glennkill liebte, sollte Garou lesen - wer Glennkill schon blöd fand, lässt ganz einfach die Finger davon. Und gut is.

Fazit
Die Welt durch die Augen von Schafen sehen zu wollen, ist schon eine gewöhnungsbedürftige Idee. Wer sich darauf mit Lust und Lesespaß einlässt, der wird mit guter, spannender und durchaus cleverer Unterhaltung belohnt.

Ich habe viel gelacht - auch unkontrolliert in der Bahn, was ich immer als eine Auszeichnung für ein Buch empfinde - ich habe die Schafsherde liebgewonnen und weder an der Handlung noch an der Auflösung etwas auszusetzen. Beide Bücher sind wunderbar konstruiert, der Fortgang der Geschichte nachvollziehbar und jeweils mit Kopf und Herz beendet. Damit lassen sie mich nach der Lektüre wunschlos glücklich zurück.

Noch was
Eine schöne Idee fand ich das Daumenkino auf den Seitenenden. Ein kleines Detail, das verspielte Freude verbreitet.


Glennkill, Goldmann Verlag, 2005
Gebunden. ISBN 978-3-442-30129-4
Garou, Goldmann Verlag, 2010
Gebunden. ISBN 978-3-442-31224-5

Beide Titel gibt's natürlich inzwischen als Taschenbuch.


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